Fragen an die schleswig-holsteinischen Kandidaten zur Europawahl
Der BWE SH hat Wahlprüfsteine an die schleswig-holsteinischen Kandidaten zur EU-Wahl gestellt. Wir wollten wissen, welche konkreten Maßnahmen die Kandidaten in Schleswig-Holstein umsetzen werden, um die Klimaschutzziele zu erreichen. Angeschrieben wurden Niclas Herbst (CDU), Delara Burkhard (SPD), Enrico Kreft (SPD), Rasmus Andresen (Die GRÜNEN) sowie Patrick Breyer (Die PIRATEN).
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1. Konkrete Maßnahmen zur Anhebung des Anteils Erneuerbarer Energie auf 100% und welche Rolle spielt die Windenergie in Schleswig-Holstein.
Es ist wichtig, dass wir in Europa unsere Verantwortung für die Klimakrise kennen, sie annehmen und entsprechende Maßnahmen ergreifen. Ich will, dass sich Europa ambitionierter für Nachhaltigkeit einsetzt. Konkrete Schritte dafür sind:
- Die Anhebung des europäischen Klimaschutzziels auf mindestens 45 Prozent Treibhausgasminderung bis 2030 (Basisjahr 1990). Sowie das langfristige Ziel der Treibhausgarneutralität bis 2050.
- Ambitionierte Schritte zur schnelleren Umstellung des Energiemixes hin zu mehr erneuerbaren Energien in ganz Europa. Dazu gehört die Verbesserung des europäischen Emissionshandels, ebenso wie die Einführung eines CO2-Preises für die Sektoren, die nicht vom Emissionshandel erfasst sind.
- Die Forschung für Klimaneutralität muss massiv ausgebaut werden. Ich will die Europäische Forschungsförderung darauf ausrichten, Innovation zur Umstellung unserer Wirtschaft auf Klimaneutralität und zur Klimaanpassung zu entwickeln. Daneben wird auch die Forschung zu den sozialen Folgen des Klimawandels, der Klimaanpassung und der ökologischen Transformation unserer Gesellschaft gefördert.
- Den Europäischen Energiebinnenmarkt stärken wir durch den Ausbau von Infrastruktur und Energiespeicher. Der Binnenmarkt fördert die Versorgungssicherheit beim Ausbau erneuerbarer Energien. Mein Ziel sind einheitliche Preiszonen für Strom und Gas in ganz Europa.
- Ich will einen Fonds für faire Transformation: Wirtschaftszweige, in denen die Beschäftigten, Unternehmen und ganze Regionen vor einem tiefgreifenden Strukturwandel stehen, müssen europaweit gezielt durch industrie- und sozialpolitische Investitionen unterstützt werden. Ein Transformationsfonds soll strategische Investitionen zur Dekarbonisierung industrieller Wertschöpfungsketten forcieren, hochwertige Beschäftigung sichern und neue wirtschaftliche Chancen ermöglichen.
- Finanzinstitute sollen in ihr Risiko-Management die Umwelt- und Nachhaltigkeitsbelange wie auch Klimarisiken integrieren.
Dies muss auf europäischer Ebene angegangen werden. Schleswig-Holsteins fällt nur marginal ins Gewicht, wenn es darum geht, die Klimaziele zu erreichen. Allerdings können wir eine Modellregion für die europäische Energieversorgung der Zukunft sein.
Dank einer vorausschauenden Politik in den letzten Jahrzehnten ist Schleswig-Holstein zum Vorzeigeland bei der Erneuerbaren Energie geworden. Schon 2014 konnten wir unsere Energieversorgung zum ersten Mal zu 100 Prozent aus erneuerbaren Quellen decken. Mein Ziel für Schleswig-Holstein bleibt, dass wir das dreifache des eigenen Strombedarfes aus sauberen Quellen produzieren. So unterstützen wir andere Regionen dabei, unsere gemeinsamen Klimaziele zu erreichen.
Leider verliert Schleswig-Holstein seit dem Regierungswechsel 2017 schrittweise seinen Status als Vorreiter. Die Bilanz von CDU, FDP und Grüne nach rund zwei Jahren Regierungszeit ist verheerend.
Der Ausbau von Windkraftanalgen steht derzeit nicht nur still, faktisch ist es durch Stilllegungen das erste Mal seit den 80er Jahren sogar zu einer Abnahme der Anzahl an Windkraftanlagen gekommen. Das energiepolitische Versagen der aktuellen Regierung hat der Energiewende in Schleswig-Holstein sprichwörtlich den Saft abgedreht und die Branche schwer beschädigt.
Gerade wir in Schleswig-Holstein müssen beweisen, dass die Energiewende möglich ist. Das ist die Rolle, die Schleswig-Holstein aus meiner Sicht bei der europäischen Bekämpfung des Klimawandels spielen muss.
2. Innovationen nötig, um den Übergang zur Klimaneutralität zu schaffen. Welche Möglichkeiten für Windenergie in Schleswig-Holstein und wie werden Sie dies unterstützen? EU-Förderprogramme zusätzliche Investitionen in Schleswig-Holstein
Ich will einen massiven Ausbau der Forschung für Klimaneutralität. Die Europäische Forschungsförderung muss darauf ausgerichtet werden, Innovation zur Umstellung unserer Wirtschaft auf Klimaneutralität und zur Klimaanpassung zu entwickeln. Daneben wird auch die Forschung zu den sozialen Folgen des Klimawandels, der Klimaanpassung und der ökologischen Transformation unserer Gesellschaft gefördert. Schleswig-Holstein wird davon als eines der Kompetenzzentren für Erneuerbare Energie in Europa profitieren.
Wichtiger für die Windkraftbranche im Land ist allerdings, dass die Landesplanung durch die Landesregierung endlich rechtssicher umgesetzt wird, damit das seit 2015 existierende Bauverbot aufgehoben werden kann. Das ist die vordringlichste Aufgabe, damit die für unser Land wichtige Branche endlich wieder ihren Beitrag zu Energiewende in Schleswig-Holstein leisten kann.
3. Welche Auswirkungen hat die CO2-arme Wirtschaft auf den ländlichen Raum in Schleswig-Holstein?
Die Veränderungen im ländlichen Raum werden in Schleswig-Holstein stärker durch andere Mega-Trends als die Energiewende bestimmt. Das ist insbesondere der demografische Wandel und die Tatsache, dass Menschen verstärkt in die städtischen Zentren ziehen.
Aber natürlich hat auch die Energiewende Auswirkungen auf den ländlichen Raum. Wir merken das an der Debatte über den Bau von Windkraftanlagen. Klar ist, der Erfolg der Energiewende ist auf den Gleichklang von energiepolitischen Zielen und der Beteiligung der Bürgerinnen und Bürgern angewiesen. Eine ausgewogene Ausweisung von Eignungsflächen für Windenergienutzung und der Dialog mit den Menschen vor Ort sind uns deshalb besonders wichtig.
Mit Blick auf den ländlichen Raum gilt für mich grundsätzlich: Wir brauchen gleiche Lebensverhältnisse im ganzen Land. Allen muss es möglich sein, Ärzte, Einkaufsmöglichkeiten und kulturelle Einrichtungen gut zu erreichen. Der öffentliche Personennahverkehr muss dafür entsprechend ausgebaut werden. Möglichst viel soll möglichst nah sein. Insofern können gerade ältere Menschen auf dem Land von einer CO2-armen Wirtschaft profitieren, wenn wir schrittweise weniger PKW im Einsatz haben und dafür Busse und Bahnen stärken.
4. Nach den Vorschriften zur Governance der Energieunion müssen die EU-Länder Energie- und Klimapläne für den Zeitraum 2021 bis 2030 erstellen. Geht dies für sie einher mit dem weiteren Ausbau der Windenergie in Schleswig-Holstein?
Mein Ziel für Schleswig-Holstein bleibt, dass wir das Dreifache des eigenen Strombedarfes aus erneuerbaren Quellen produzieren. So unterstützen wir andere Regionen dabei, unsere gemeinsamen Klimaziele zu erreichen. Dabei spielt die Windkraft am Land und auf See aufgrund unserer günstigen Voraussetzungen für Stromproduktion die entscheidende Rolle.
Leider verliert Schleswig-Holstein seit dem Regierungswechsel 2017 seinen Status als Vorreiter. Die Bilanz von CDU, FDP und Grüne nach rund zwei Jahren Regierungszeit ist verheerend.
Der Ausbau von Windkraftanalgen steht derzeit nicht nur still, faktisch ist es durch Stilllegungen das erste Mal seit den 80er Jahren sogar zu einer Abnahme der Anzahl an Windkraftanlagen gekommen. Das energiepolitische Versagen der aktuellen Regierung hat die Energiewende in Schleswig-Holstein und die Branche schwer beschädigt. Wir müssen schnell den Hebel umlegen, damit wir unsere Ausbauziele erreichen.
5. Wie bewerten Sie die Rolle des AdR in der europäischen Energiepolitik. Welche Unterstützung wünschen Sie sich vom AdR.
Der AdR kann einen wichtigen Beitrag leisten, wenn es darum geht Know-How und Best-Practice aus verschiedenen Regionen Europas zu bündeln. Gleichzeitig ist er ein wichtiger Indikator für die Stimmung innerhalb Europas. Unsere Klimaziele können nur gemeinsam mit den Menschen erreicht werden. Ihre Akzeptanz der Energiewende ist die Voraussetzung für ihr Gelingen.
Und die Entwicklung verläuft enorm unterschiedlich. Es gibt Regionen, die von der Entwicklung profitieren, und andere Regionen, die zunächst Nachteile haben werden. Deshalb will ich einen Fonds für faire Transformation: Wirtschaftszweige, in denen die Beschäftigten, Unternehmen und ganze Regionen vor einem tiefgreifenden Strukturwandel stehen, müssen europaweit gezielt durch industrie- und sozialpolitische Investitionen unterstützt werden. Ein zusätzlicher Transformationsfonds soll strategische Investitionen zur Dekarbonisierung industrieller Wertschöpfungsketten forcieren, hochwertige Beschäftigung sichern und neue wirtschaftliche Chancen ermöglichen.
In diesen Prozess muss der Ausschuss der Regionen eingebunden werden. Seine Expertise wird dafür dringend benötigt. Er kann Mittler zwischen verschiedenen Regionen sein, die ganz unterschiedlich durch die Energiewende verändert werden.
1. Durch welche konkreten Schritte werden Sie dafür sorgen, dass sich der Anteil an Erneuerbaren Energiequellen auf 100 Prozent erhöht und welche Rolle spielt die Windenergie in Schleswig-Holstein dabei?
Wir PIRATEN fordern einen stark beschleunigten europaweiten Ausbau der erneuerbaren Energien. Insbesondere die Sonnenenergie muss in wesentlich stärkerem Maße zur Strom- und Wärmeerzeugung genutzt werden. Der Ausbau muss dabei immer umweltschonend erfolgen. Die Erzeugung und Nutzung von Biomasse dürfen nicht in Konkurrenz zu Nahrungsmitteln stehen oder die Biodiversität verringern.
Ebenso setzen wir uns für eine dezentrale Erzeugung und Versorgung in der Europäischen Union mit vielen mittelgroßen und kleinen bis hin zu kleinsten Energieversorgern ein. Dies ermöglicht den stark beschleunigten Ausbau der Erneuerbaren Energien und erhöht die Versorgungssicherheit. Energienetze sollen weitgehend in öffentlicher Hand sein, um einen Markt mit nur wenigen Anbietern zu verhindern und die Wahlmöglichkeiten der Verbraucher zu vergrößern. Auch ein freier Handel von - auch von Bürgern - selbsterzeugtem Strom und selbsterzeugter Wärme muss möglich sein.
Öffentliche Subventionen zum Beispiel in Form einer sogenannten Sicherheitsbereitschaft für die fossile und nukleare Strom- und Wärmegewinnung laufen dem von uns angestrebten Wandel hin zu einer zukunftsfähigen, klimafreundlichen und möglichst autarken Energieversorgung in Europa zuwider. Wir fordern deshalb die Abschaffung jeglicher Subventionen und Beihilfen für fossile und atomare Energieträger. Dazu zählen insbesondere auch indirekte Beihilfen in Form von gesetzlichen Haftungsfreistellungen für Atomkraftwerke. Neben den direkten Subventionen stellt auch das Abwälzen von Kosten (z.B. für Erschließung und Rückbau von Kraftwerken, Bergschäden, Schadstoffemissionen, Grundwasserhaltung und –entnahme, Steuerbefreiungen) auf die Gesellschaft eine versteckte Subvention dar. Ein schneller Wandel ist nur möglich, wenn die Verursacher der gesellschaftlichen Kosten und Risiken auch den wahren Preis für ihr Handeln zahlen. Deshalb müssen auch Brennstoffe entsprechend ihrer gesellschaftlichen Kosten (z.B. für den CO2-Ausstoß) besteuert und sowohl der Emissionshandel als auch die EU-Energiesteuerrichtlinie überarbeitet werden.
Windenergie kann dort zum Einsatz kommen, wo dies konfliktfrei sowohl für Mensch wie Tier möglich ist. Dazu muss jede Gemeinde ja oder nein zum Bau von Windkraftanlagen sagen können. Durch Bürgerentscheid sollen die Bürger auch selbst abstimmen können. Es gibt genügend geeignete Flächen für Windparks in Schleswig-Holstein, so dass der Wille der Bürger vor Ort berücksichtigt werden kann. Die PIRATEN Schleswig-Holstein hatten im Landtag einen Gesetzentwurf vorgelegt, nach dem bei der Planung neuer Windkraftanlagen ablehnende oder befürwortende Bürgerentscheide oder Gemeinderatsbeschlüsse verbindlich zu berücksichtigen sein sollten. CDU, SPD, Grüne und SSW haben diesem Gesetzentwurf nicht zugestimmt - doch wir bleiben bei unserer Forderung. Außerdem wollen die PIRATEN Schleswig-Holstein, dass alle Genehmigungsanträge für den Bau von Windkraftanlagen samt Standort und Verfahrensstand fortlaufend im Internet veröffentlicht werden und die Öffentlichkeit Gelegenheit zur Stellungnahme erhält. Windkraftanlagen dürfen keine gesundheitsschädlichen Auswirkungen auf die Bevölkerung und Fauna haben. Das Land soll Lärmprognosen die aktuellen Empfehlungen des zuständigen Normierungsgremiums ("Interimsverfahren") zugrunde legen, um der systematischen Unterschätzung des von hohen Anlagen ausgehenden Lärms ein Ende zu setzen und für ausreichende Abstände zu sorgen.
Bürgerwindparks sollten aus unserer Sicht Vorrang vor Projekten der Industrie haben. Es sollten zu aller erst diejenigen von den Vorteilen profitieren, in deren Nachbarschaft die Windräder stehen. Nur so bleibt die Windenergie eine faire Energie.
2. Welche Möglichkeiten ergeben sich daraus für die Windenergie in Schleswig-Holstein und wie werden Sie diese unterstützen? Ist es Ihr Ziel, aus EU-Förderprogrammen zusätzliche Investitionen für Schleswig-Holstein zu mobilisieren?
Regenerative Energien sind davon gekennzeichnet, dass sie nicht nur dann Strom erzeugen, wenn dieser auch sofort verbraucht werden kann. Dies gilt auch für Windenergie. Daher ist der Ausbau von Stromspeicherkapazitäten wichtig und muss europaweit gefördert werden. Hierauf kann sich auch ein Förderprogramm für Schleswig-Holstein beziehen. Mit dem durch Speicherkapazitäten wesentlich geringerem Bedarf an Stromleitungen sind auch diese wesentlich weniger auszubauen notwendig.
3. Welche Auswirkungen hat eine CO2-arme Wirtschaft ihrer Meinung nach auf den ländlichen Raum in Schleswig-Holstein?
Der Verkehr und die Wärmeerzeugung mit fossilen Brennstoffen haben den weitaus größten Anteil an den CO2-Emissionen in Deutschland. Daher muss der Wechsel zur Elektromobilität und der verstärkte Einsatz von Technologien zur Wärmeerzeugung mit Erneuerbaren Energien - zum Beispiel durch Wärmepumpen und Solarthermie - vorrangig genutzt werden. Durch eine wesentlich schnellere Umstellung auf 100% erneuerbare Energien wird der Klimawandel am wirksamsten bekämpft. Damit würde Deutschland auch seine Verpflichtung aus dem Pariser Klimaschutzabkommen erfüllen.
Hier kann bspw. der ländliche Raum mit einer Anbindung an Elektromobilität und einem Ausbau der genannten regenerativen Energieerzeugung eine wichtige Vorreiterrolle spielen und somit auch zur eigenen Attraktivität neben den großen Städten im Land beitragen.
4. Geht für Sie dieser Gedanke einher mit einem weiteren Ausbau der Windenergie in Schleswig-Holstein?
Wo dieser wie oben angesprochen konfliktfrei für Mensch und Tier möglich ist, ja. Dies sehen wir im Sinne der Forderung nach Solidarität als unumgänglich an.
5. Wie bewerten Sie die Rolle des AdR in der europäischen Energiepolitik und welche Unterstützungsmöglichkeiten wünschen sie sich bei der Durchsetzung ihrer Energie- und Klimapolitik von den Schleswig-Holsteinischen Vertretern des AdR?
Hier ist zuerst etwas zum AdR (Ausschuss der Regionen) an sich zu sagen. Wir bemängeln, dass dessen Mitglieder sich nicht jeglicher Fraktion in den Ausschüssen anschließen können, wie bspw. die Grüne/EFA. Weiterhin wollen wir, dass er sich aus demokratisch gewählten Bürgern zusammensetzt und nicht nur aus gewählten Vertretern von Behörden oder wie in Deutschland nahezu ausschließlich aus Parlamentariern auf Landesebene. Dass es somit wie im Fall der Vertreterin Schleswig-Holsteins mit Regina Poersch eine Landtagsabgeordnete ist, sehen wir als generelles Problem. Hier kann es leicht zu Interessenkonflikten kommen, NGO-Belange sind überhaupt nicht abgebildet.
Nichts desto trotz wünschen wir natürlich ein Eintreten für die von uns oben genannten Ziele.
1. Die Kommission hat vom Weltklimarat IPCC (International Panel on Climate Change) zusammengestellte Szenarien zur Verringerung der Treibhausgasemissionen geprüft, wie die Erderwärmung auf einen Temperaturanstieg von deutlich unter 2 °C begrenzt werden kann. Alle Szenarien haben ein zentrales Element gemein: Die Stromerzeugung sollte bis 2050 vollständig dekarbonisiert sein. Mehr als 80 % des Stroms in der EU würde aus erneuerbaren Energiequellen erzeugt werden. Durch welche konkreten Schritte werden Sie dafür sorgen, dass sich der Anteil an Erneuerbaren Energiequellen auf 100 Prozent erhöht und welche Rolle spielt die Windenergie in Schleswig-Holstein dabei?
Europa ist weltweiter Vorreiter für Klimaschutz und hat hierbei bereits viel erreicht. Leider ist die Energiepolitik zwischen den Mitgliedstaaten noch nicht so abgestimmt, wie wir uns das wünschen würden. Bereits die Umsetzung des 40%-Ziels in der EU erfordert größte Kraftanstrengungen. Ich will Ökologie und Ökonomie in Einklang bringen. Dazu gehört, dass wir den sauberen Strom, den wir in Schleswig-Holstein auch sinnvoll verwerten bzw. an unsere Nachbarn ableiten können. Wenn wir weiterhin so viel „Wegwerfstrom“ produzieren, für den die Menschen in unserem Land mit der EEG-Umlage zahlen, wird das auf Dauer die Akzeptanz für die Energiewende gefährden.
2. Falls Sie der Meinung sind, dass Innovationen nötig sind, um den Übergang zur Klimaneutralität zu beschleunigen: Welche Möglichkeiten ergeben sich daraus für die Windenergie in Schleswig-Holstein und wie werden Sie diese unterstützen? Ist es Ihr Ziel, aus EU-Förderprogrammen zusätzliche Investitionen für Schleswig-Holstein zu mobilisieren?
Generell müssen wir in Schleswig-Holstein dafür sorgen, dass wir in den Bereichen Netzausbau und Sektorenkopplung besser werden. Ganz konkret werde ich mich im Europäischen Parlament für einheitliche Emissionsabhängige Hafengebühren und für Landstromanbindungen in unseren Häfen einsetzen. Je mehr Strom wir direkt im Land verwerten können, desto besser ist das auch für die Windenergie im Land.
3. Welche Auswirkungen hat eine CO2-arme Wirtschaft ihrer Meinung nach auf den ländlichen Raum in Schleswig-Holstein?
Die Energiewende ist und bleibt eine große Chance für den ländlichen Raum in Schleswig-Holstein. Wenn wir es schaffen, den Netzausbau zu beschleunigen und neue Technologien wie Power to X dauerhaft zu etablieren können wir auch abseits der großen Ballungszentren große Wertschöpfung generieren.
4. Nach den neuen Vorschriften zur Governance der Energieunion müssen die EU-Länder integrierte nationale Energie- und Klimapläne für den Zeitraum 2021 bis 2030 erstellen, die fünf Dimensionen abdecken, unter anderem Solidarität und Versorgungssicherheit. Geht für Sie dieser Gedanke einher mit einem weiteren Ausbau der Windenergie in Schleswig-Holstein?
Die Nationalen Energie- und Klimapläne erhöhen EU-weit den Druck, die EU-2030-Ziele für erneuerbare Energien und Energieeffizienz umzusetzen. Das ist generell zu begrüßen. Ob die Governance-Verordnung generell geeignet ist den Ausbau der Windenergie auch in Schleswig-Holstein zu beschleunigen, wird sich zeigen.
5. Wie bewerten Sie die Rolle des AdR in der europäischen Energiepolitik und welche Unterstützungsmöglichkeiten wünschen sie sich bei der Durchsetzung ihrer Energie- und Klimapolitik von den Schleswig-Holsteinischen Vertretern des AdR?
Der Ausschuss der Regionen ist ein sinnvolles Instrument um den jeweiligen Besonderheiten und unterschiedlichen Bedürfnissen der einzelnen Regionen und Provinzen in der EU Gehör zu verschaffen. Das gilt auch für die Energiepolitik. Ich würde mir wünschen, dass die Vertreter des AdR noch stärker daran mitwirken, nationale Egoismen zu überwinden und zu einem besseren und vernünftigeren Miteinander auch in der Energiepolitik mitzuwirken.
1. Die Kommission hat vom Weltklimarat IPCC (International Panel on Climate Change) zusammengestellte Szenarien zur Verringerung der Treibhausgasemissionen geprüft, wie die Erderwärmung auf einen Temperaturanstieg von deutlich unter 2 °C begrenzt werden kann. Alle Szenarien haben ein zentrales Element gemein: Die Stromerzeugung sollte bis 2050 vollständig dekarbonisiert sein. Mehr als 80 % des Stroms in der EU würde aus erneuerbaren Energiequellen erzeugt werden. Durch welche konkreten Schritte werden Sie dafür sorgen, dass sich der Anteil an Erneuerbaren Energiequellen auf 100 Prozent erhöht und welche Rolle spielt die Windenergie in Schleswig-Holstein dabei?
Zur Erreichung der internationalen Klimaziele im Strombereich muss Deutschland v.a. seine eigenen Zielvorgaben erfüllen. Es ist inakzeptabel, sich als Bundesrepublik Deutschland auf internationalen Gipfeln als Vorreiter beim Klimaschutz zu inszenieren und gleichzeitig nicht die eigenen Hausaufgaben zu erledigen. Zu Erfüllung der europarechtlich eingegangenen Klimaschutzverpflichtungen sind nicht nur enorme Kraftanstrengungen beim Ausbau erneuerbarer Energieträger erforderlich, es müssen auch zusätzlich flankierende Maßnahmen wie eine Beschleunigung des Netzausbaus ergriffen werden. Momentan erleben wir in Deutschland einen dramatischen Rückgang beim Ausbau der Erneuerbaren - besonders im Bereich der Windenergie. Der Einbruch ist in erster Linie auf zwei Ursachen zurückzugriffen: Fehlende Investitionssicherheit über den Zeitraum bis 2030 und eine unzureichende Flächenbereitstellung durch die Länder (v.a. Bayern). Notwendig wäre Investitionssicherheit über einen Zeitraum, in dem Windprojekte projektiert, genehmigt und ausgeführt werden können. Jedoch gibt es für die Zeit nach den Sonderausschreibungen keine verlässlichen Rahmenbedingungen. Auch die Probleme mit fehlenden Flächen sind seit langem bekannt, werden aber von der Bundesregierung sehenden Auges ignoriert. Ich setze mich für einen verbindlichen Ausbaupfad ein, mit dem das 65%-Erneuerbaren-Ziel aus dem Koalitionsvertrag erreicht werden kann. Um dieses Ziel zu erreichen, sollten der "52 GW-Deckel" für Photovoltaik abgeschafft und der "Offshore-Deckel" von 15 GW auf 20 GW bis 2030 und 30 GW bis 2035 angehoben werden. Eine entsprechende Offshore-Bundesratsinitiative hat „meine“ Landesregierung bereits im Februar 2018 in den Bundesrat eingebracht. Um das Problem der Flächenbereitstellung in den Griff zu bekommen, brauchen wir eine Verringerung der Mindestabstände zu Straßen, Bahnlinien und Einrichtungen der Flugsicherung. Für eine erfolgreiche deutsche Energiewende ist Schleswig-Holstein als Wachstumsmarkt für grüne Technologien unverzichtbar.
Leistungsfähige Stromnetze sind das Rückgrat der Energiewende. Mit dem im März 2019 verabschiedeten Netzausbaubeschleunigungsgesetz sind einige wichtige Maßnahmen in Kraft getreten, die den Netzausbau tatsächlich beschleunigen können. Ich begrüße es, dass der aktuelle Netzentwicklungsplan den bevorstehenden Kohleausstieg abbildet. Dies ermöglicht eine zuverlässige Planung für das Stromnetz der Zukunft. Zu einem zügigen und verlässlichen Netzausbau gehört jedoch mehr als nur Planung. Echte Beteiligungsmöglichkeiten für Betroffene, um tatsächlichen Einfluss auf den Trassenverkauf zu nehmen, sowie eine klare Kommunikation in die betroffenen Regionen. Gerade letzteres hat Minister Altmaier im letzten Jahr vermissen lassen. Wir Grüne stehen für frühzeitige und verlässliche Aussagen beim Ausbau der Stromleitungen. Der Bau der Westküstenleitung in Schleswig-Holstein hat ganz eindeutig gezeigt, dass ein konstruktiver Dialog mit den Bürgerinnen und Bürgern den Bau der Stromnetze tatsächlich beschleunigt.
2. Falls Sie der Meinung sind, dass Innovationen nötig sind, um den Übergang zur Klimaneutralität zu beschleunigen: Welche Möglichkeiten ergeben sich daraus für die Windenergie in Schleswig-Holstein und wie werden Sie diese unterstützen? Ist es Ihr Ziel, aus EU-Förderprogrammen zusätzliche Investitionen für Schleswig-Holstein zu mobilisieren?
Als Land mit einem hohen Anteil erneuerbarer Energien eignet sich Schleswig-Holstein perfekt als Vorreiterland für die Sektorkopplung – besonders die Produktion von Wasserstoff. Bereits heute gibt es zwischen Nord- und Ostsee viele kreative Akteure, die nur darauf warten, mit ihren Ideen einen Beitrag zur Energiewende zu leisten. Doch leider verhindert die aktuelle Ausgestaltung der Umlagen und Abgaben, dass sich diese Akteure wirtschaftlich durchsetzen können. Ich setze mich ein für „Wasserstoff-Reallabore“ in Schleswig-Holstein. Im Rahmen deren sollen Wasserstoffproduzenten eine temporäre Befreiung von Umlagen und Abgaben erhalten, wenn viel Windstrom vor einem Netzengpass verfügbar ist. Dabei ist wichtig, dass diese Befreiung fair du solidarisch erfolgt. Außerdem muss in jeden Fall sichergestellt sein, dass es sich bei der Produktion um grünen Wasserstoff handelt - echter grüner Wasserstoff aus Schleswig-Holstein und nicht mit Zertifikaten grün gerechnet. Um dies zu realisieren sollten wir auch auf EU Förderung zurückgreifen.
3. Welche Auswirkungen hat eine CO2-arme Wirtschaft ihrer Meinung nach auf den ländlichen Raum in Schleswig-Holstein?
Ich begreife die CO2-arme Wirtschaft als Chance für den ländlichen Raum in Schleswig-Holstein. Egal ob erneuerbare Energien, eine effiziente Wärmeversorgung, intelligente Stromnetze oder beim nachhaltigen Stadtverkehr: Innovationen von morgen können ein Jobmotor für Schleswig-Holstein sein – und das nicht nur in Kiel, Lübeck oder Flensburg. Aber auch hier gilt: Derartige Wirtschaftszweige können sich nur entfalten, wenn die politischen Rahmenbedingungen stimmen. Als hierfür wichtigstes Instrument sehe ich eine wirksame CO2-Bepreisung an, die von zusätzlichen Maßnahmen flankiert wird. Im Verkehrsbereich sind dies vor allem Investitionen in Bahn, ÖPNV und Radverkehr sowie ein Abschmelzen klimaschädlicher Subventionen. Im Wärmebereich müssen alle Gebäude - Neubauten und Bestand - bis 2040 klimaneutral werden. Auf Bundesebene fordern wir, damit alle sich fair am Klimaschutz beteiligen können, die Verdoppelung der Fördermittel auf 7 Milliarden Euro im Jahr, darunter 2 Milliarden Euro für ein Quartiersprogramm FairWärme. Damit soll die Gebäudesanierung und klimafreundliche Energieversorgung im Quartier finanziell gefördert und für Haushalte mit kleinen und mittleren Einkommen warmmietenneutral ausgestaltet werden. Auch Wärmespeicher und hoch energieeffiziente Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen wollen wir auch über 2022 hinaus weiter fördern und die Förderung an die Verwendung von bzw. die Umstellung auf erneuerbare Energien knüpfen. So können auch die Anbieter netzgebundener Wärme sich an die neu berechneten Primärenergiefaktoren und Klimavorgaben anpassen. Von diesen Maßnahmen würde auch die CO2-arme Wirtschaft in Schleswig-Holstein profitieren.
4. Nach den neuen Vorschriften zur Governance der Energieunion müssen die EU-Länder integrierte nationale Energie- und Klimapläne für den Zeitraum 2021 bis 2030 erstellen, die fünf Dimensionen abdecken, unter anderem Solidarität und Versorgungssicherheit. Geht für Sie dieser Gedanke einher mit einem weiteren Ausbau der Windenergie in Schleswig-Holstein?
Die Governance-Verordnung ist ein Teil des umfassenden Gesamtpakets „Saubere Energien für alle Europäer“ – auch als Clean Energy Package (CLEP) bekannt. Dabei regelt die Governance den Rahmen und den Zielpfad. Die Förderregelungen und die Regeln für den Marktzugang finden sich in den Richtlinen für erneuerbare Energien den Strommarkt. Ich hätte mir gewünscht, dass in den Trilogverhandlungen zum CLEP, die Zielpfade ambitionierter ausgefallen wären. Das Europäische Parlament hatte einen europaweiten Anteil erneuerbarer Energien von 35% bis 2030 gefordert.
Leider hat die Kommission nur 27% Vorgeschlagen, der Rat 30% angesetzt und im Trilog konnte sich nur auf 32% geeinigt werden. Der Vorgang zeigt, wie wichtig ein Parlament mit starker Grüner Beteiligung ist.
Die in der Governance formulierten Ziele „Solidarität“ und „Versorgungssicherheit“ stehen aus meiner Sicht im Einklang mit einem ambitionierten Erneuerbaren-Ausbau in Schleswig-Holstein. Die Produktion von Windenergie – besonders im hohen Norden Deutschlands – ist neben abgeschriebenen fossilen Kraftwerken die günstigste Möglichkeit, Strom zu erzeugen. Das Konzept der Bürgerenergie, welches v.a. auf Gemeinwohlorientierung anstelle von Gewinnmaximierung setzt, ist wesentlich auf einen ambitionierten EE-Ausbau angewiesen.
Ich bin auch der festen Überzeugung, dass Versorgungssicherheit und Erneuerbaren-Ausbau keine Gegensätze darstellen. Erneuerbare können, richtig kombiniert und gesteuert, sehr wohl eine sichere Stromversorgung gewährleisten - die Argumente der Kohlebeführworter sind an dieser Stelle falsch und von gestern. Versorgungssicherheit muss konsequent europäisch gedacht werden. Das bedeutet vor allem ein ambitionierter Ausbau grenzüberschreitender Stromleitungen sowie ein länderübergreifender Austausch relevanter Netzdaten. Auch Windenergie „made in SH“ kann einen wichtigen Beitrag zur Versorgungssicherheit leisten. Moderne Windkraftanlagen haben das Potenzial, für Netzdienstleistungen zu sorgen und einen Beitrag zur Sicherheit des Stromsystems zu leisten.
5. Wie bewerten Sie die Rolle des AdR in der europäischen Energiepolitik und welche Unterstützungsmöglichkeiten wünschen sie sich bei der Durchsetzung ihrer Energie- und Klimapolitik von den Schleswig-Holsteinischen Vertretern des AdR?
Aus meiner Sicht ist der AdR eine starke regionale Stimme in Europa. Ich wünsche mir von Vertreter*innen des AdR aus Schleswig-Holstein, dass sie sich auch in Zukunft hörbar für lokalen Klimaschutz in Brüssel einsetzen. Konsequenter Klimaschutz fängt in der eigenen Kommune und vor der eigenen Haustür statt und wird trotzdem richtigerweise aus Brüssel mitbeeinflusst. Daher ist es wichtig, dass die Kommunen und Regionen auch in Europa ein Mitspracherecht haben. Für die Zukunft wünsche ich mir einen engen Dialog mit den Vertreter*innen der AdR – das gilt besonders für klima- und energiepolitische Fragen.
Zusammenfassung der Antworten der Parteien
Hier finden Sie eine tabellarische Zusammenfassung der Antworten der Parteien im PDF Format.