Systemdienstleistung
Für einen zuverlässigen Betrieb des Energieversorgungsnetzes bedarf es Systemdienstleistungen, um die Netzstabilität und Qualität der Stromversorgung sicherzustellen. Zu den klassischen Systemdienstleistungen zählen Frequenzhaltung, Spannungshaltung, Versorgungswiederaufbau sowie System- und Betriebsführung. Die Systemdienstleistungen werden von den Netzbetreibern angefordert und von spezialisierten Kraftwerksbetreibern bereitgestellt, die unter dem Begriff Systemdienstleistungen eine Fülle von Vorleistungen erbringen. Die Vorhaltung von Regelleistung (Primär-, Sekundär- und Tertiärreserve) durch Erzeuger oder Verbraucher ist zum Beispiel eine Vorleistung für die Frequenzhaltung. Die lokale Blindleistung durch zuschaltbare Kompensationsanlagen ist eine Vorleistung zur Spannungserhaltung. Zum Versorgungswiederaufbau gehören insbesondere der Inselnetzbetrieb sowie die Schwarzstartfähigkeit, die Fähigkeit, ein Kraftwerk vom abgeschalteten Zustand ohne Hilfsenergie aus dem Netz wieder hochzufahren.
Herausforderung
Im historisch konventionell geprägten Stromsystem wurden die sogenannten Systemdienstleistungen von den Synchrongeneratoren des konventionellen Kraftwerksparks bereitgestellt. Beim Netzanschluss müssen die Erzeugungsanlagen technische Mindestanforderungen erfüllen, die von den jeweiligen Netzkodizes je nach Spannungsebene vorgegeben sind. Durch den Anstieg der umrichterbasierten, dezentralen und volatilen Erneuerbaren Energien im Stromsystem müssen die netztechnischen Notwendigkeiten für Systemdienstleistungen neu gedacht und Erneuerbaren Energien zunehmend in Belange der Systemsicherheit einbezogen werden. Volkswirtschaftlich ist es nicht sinnvoll, für alle Erzeugungsanlagen sehr hohe technische Mindestanforderungen zu definieren (z.B. Blindleistungsbereitstellung unter gewissen Spannungsbedingungen), die nachher in bestimmten Netzregionen nie abgerufen werden, da sie dort lokal nicht eingesetzt werden können. Um die Bereitstellung von Systemdienstleistungen volkswirtschaftlich zu optimieren, ist eine transparente und für alle Stakeholder nachvollziehbare, technologieoffene Kosten-Nutzen-Analyse für die Quantifizierung von technischen Mindestanforderungen ist vonnöten. Diese Anforderungen sollten frühzeitig kommuniziert werden, damit sich der neue, vielfältige Erzeugungspark darauf einstellen kann.
Systemdienstleistungen von Erneuerbaren erfolgen meist im dezentralen Verteilnetz. Dadurch wird sich die Rolle der Verteilnetzbetreiber verändern, deren Aufgaben in einem zunehmend dezentralen System steigen. Errungenschaften der Leistungselektronik wie FACTS (Flexible-AC-Transmission-System) werden dazu führen, dass gewisse Systemdienstleistungen von beliebigen Playern - und nicht nur den Stromerzeugern - erbracht werden. Dies wirft viele neue Fragen auf, etwa welche technischen Anforderungen für Erzeugungsanlagen verpflichtend sein sollen und für welche darüber hinausgehenden Leistungen neue „Systemdienstleistungs-Märkte“ geschaffen werden können.