Potsdam. Zur Brandenburger Landtagswahl hat der Bundesverband Windenergie Berlin/Brandenburg die energiepolitischen Positionen der Parteien abgefragt. „Für die meisten Parteien ist klar: Die Zukunft Brandenburgs liegt in den Erneuerbaren“, fasst Jan Hinrich Glahr, Landesvorsitzender des BWE in Berlin/Brandenburg, das Ergebnis zusammen. „Allerdings bleiben sie eine Antwort schuldig, wie der dafür notwendige Ausbau von Wind-, Sonnen- und Bioenergie realisiert werden soll“, so Glahr weiter.
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„Der Klimawandel ist in diesem Jahr für alle Parteien ein wichtiges Wahlkampfthema“, sagt Jan Hinrich Glahr. „Wir finden in den Parteiprogrammen daher überwiegend ein klares Bekenntnis für eine umweltverträgliche Energieversorgung.“ So bekräftigen SPD und LINKE die Brandenburger Energiestrategie. Demnach soll die Windenergie im Land von derzeit etwa 7.000 Megawatt (MW) auf 10.500 MW bis 2030 ausgebaut werden. Die CDU legt den Fokus auf Power-to-X-Technologien und betont die Bedeutung der Wärmewende. Auch die FDP verspricht eine „umweltverträgliche“ Energieversorgung.
Energiepolitik in Brandenburg: Versprechen und Realität
Unklar bleibt bei den Antworten der Parteien, wie der notwendige Ausbau der Windenergie erreicht werden soll. Acht Windenergieanlagen wurden im ersten Halbjahr 2019 neu errichtet, ein Rückgang von 86 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Die Gründe dafür sind vielfältig, sie haben aber einen gemeinsamen Nenner: „Wenn in der politisch gesteuerten Energiewende keine klaren Rahmenbedingungen gesetzt werden, auf die sich die Gesellschaft und die Wirtschaft verlassen können, versinken wir im Chaos widerstreitender politischer Interessen“ so Glahr. Er ergänzt: „Das gilt genauso für den Strukturwandel in der Lausitz.“
Mehr Beteiligung für Bürgerinnen und Bürger
Sowohl SPD als auch LINKE wollen die Bürgerinnen und Bürger in Zukunft besser bei Planung und Wertschöpfung der Erneuerbaren im Land beteiligen. Um Flächen für die Windenergienutzung zu sichern und gleichzeitig die Menschen vor Ort besser einzubinden, schlägt die LINKE das sogenannte Ampelsystem vor: Dadurch erhalten Kommunen, bei denen der Ausbau von Windenergie erwünscht ist, mehr Planungshoheit.
Als Umweltpartei setzen die GRÜNEN am konsequentesten auf den weiteren Ausbau der Erneuerbaren, „der vollständige Umstieg auf natürliche und saubere Energie“ ist das Ziel. Notwendig sei dafür unter anderem ein Qualitätssiegel für „Faire Windenergie“ wie in anderen Bundesländern und mehr Personal in den regionalen Planungsstellen, damit sie „von vornherein konsensfähige Ergebnisse erzielen.“
Die Opposition gegen Klimapolitik / die Erneuerbaren Energien: Freie Wähler und AfD
Die BVB / Freie Wähler lehnen „den weiteren Ausbau der Windkraft“ vollständig ab. In die Presche sollen stattdessen Gaskraftwerke (GuD) springen. „Das ist klimapolitisch keine Lösung, wirtschaftlich nicht tragfähig und hinsichtlich Akzeptanz bei der Bevölkerung nicht erwünscht“, kommentiert Glahr.
Die AfD hat gar nicht auf die Wahlprüfsteine des BWE geantwortet.
Die vollständen Antworten der Parteien finden Sie auf www.windenergie-brandenburg.de unter „Wahlprüfsteine“.
Kontakt: Geschäftsstelle
Jan Hinrich Glahr, Landesvorsitzender Sebastian Haase
Bundesverband WindEnergie e.V. (BWE) Tel: 0331 27342-884
Landesverband Berlin-Brandenburg Fax: 0331 27342-886
Gregor-Mendel-Straße 36 be-bb(at)bwe-regional.de
14469 Potsdam www.wind-energie.de
Ausgewählte Zitate aus den Antworten der Parteien:
SPD: Die „Ja, aber…“-Partei
- Die „Bürgerinnen und Bürger sowie die Kommunen [müssen] beim weiteren Ausbau der Erneuerbaren Energien bereits zu Beginn des Planungsprozesses einbezogen werden. […] Deshalb sprechen wir uns für eine Stärkung der kommunalen Planungshoheit aus.“ (Anm.: Die SPD forderte schon zu Beginn des Jahres die bundesweite Abschaffung der Privilegierung der Windkraft im Baugesetzbuch.)
- Zum Strukturwandel in der Lausitz: „Für Brandenburg als Energieland bietet sich die Chance, die Wertschöpfung durch regional erzeugten Strom zu erhöhen.“
- „Wir unterstützen die dezentrale Stromerzeugung durch Windkraftanlagen und begrüßen, dass durch die Vielzahl von Akteuren die Wertschöpfung auch in die jeweiligen Regionen fließt.“
- „Für den beschlossenen Ausstieg aus der Kohleverstromung sind der Ausbau Erneuerbarer Energien und die Nutzung von Wasserstoff unumgänglich. Unser Fokus liegt dabei auf der Energiegewinnung aus Wind, Sonne, Wasser, Erdwärme und Biomasse.“
- „Wir stehen hinter den Zielen der Energiestrategie 2030 des Landes Brandenburg.“ (Anm.: gemeint ist der Ausbau der Windenergie von heute 7.081 auf 10.500 Megawatt bis 2030)
LINKE: Energiewende sozialverträglich gestalten
- Zur Brandenburger Energiestrategie: „Daran halten wir fest.“
- Zur Flächensicherung für Windenergieanlagen: „Auch deshalb wollen wir prüfen, ob durch ein verändertes System der Flächenausweisung für Windenergieanlagen in der Regional- und Bauleitplanung (Ampelsystem) ein zeitnaher und rechtssicherer Ausbau der Windkraft gesichert werden kann.“
- Zur Akzeptanz: „Einwände, insbesondere der ländlichen Bevölkerung, [müssen] ernst genommen werden.“
- „Dazu gehören für uns Transparenz- und Dialogbereitschaft der Projektierer, Information und Aufklärung der Bevölkerung seitens Landesbehörden und Windkraftbetreiber, die frühzeitige Einbeziehung der Menschen vor Ort in Planungs- und Genehmigungsprozesse und durch selbst verantwortete Bauleitplanung, finanzielle Teilhabe der Kommunen, aber auch der Bürger*innen vor Ort und weitere begleitende Maßnahmen wie z.B. das Abschalten der nächtlichen Befeuerung.“
- „Wir sehen in der Energiewirtschaft auf der Basis Erneuerbarer Energien in der gesamten Breite ihrer Wertschöpfungskette weiterhin eine wichtige Zukunftsbranche und wollen diese weiterhin unterstützen.“
- „Unter Berücksichtigung des steigenden Anteils der Erneuerbaren Stromerzeugung liegt in der Erschließung neuer Stromanwendungen, der sogenannten Sektorkopplung nicht nur ein großes Reduktionspotenzial für CO2, sondern auch weitere mögliche Betätigungsfelder im Energiesektor im gesamten Land Brandenburg.“
- Brandenburg könnte „eine besondere Rolle als Wärmelieferant der Hauptstadt einnehmen.“
- „Wir werden uns für den Wegfall von Steuern und Abgaben, die den Einsatz von Strom aus Erneuerbaren Energien unnötig verteuern, einsetzen.“
- Zum Rückgang von Windenergie-Genehmigungen: „Dagegen muss mit entsprechenden Instrumenten und Maßnahmen gegengesteuert werden […].“
- „Wir wollen, dass Brandenburg seinen eigenen Strombedarf bis spätestens 2025 vollständig aus Erneuerbaren Energien deckt und bis 2030 rechnerisch zur 100%igen Deckung des Bedarfes der Region Berlin-Brandenburg aus Erneuerbaren Energien beiträgt.“
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Die „100 Prozent“ Erneuerbar-Partei
- „Unser Ziel ist der vollständige Umstieg auf natürliche und saubere Energie. […] Neben der Windkraft setzen wir auf eine Verdopplung der bisherigen Fotovoltaikleistung.“
- „Die Regionalen Planungsgemeinschaften brauchen mehr Personal, damit die Prozesse durch breitere Beteiligung von vornherein konsensfähige Ergebnisse erzielen und zum anderen schlicht rechtssichere Flächen-Ausweisungen stattfinden.“
- „Bei der Planung von Windenergieanlagen wollen wir nach Thüringer Vorbild eine Servicestelle sowie die Vergabe und Kontrolle eines Qualitätssiegels „Faire Windenergie“ initiieren.“
- „Ziel der Servicestelle soll sowohl die umfassende Beratung bei der Realisierung von neuen Windenergieanlagen, als auch die Klärung planerischer und finanzieller Beteiligungsmöglichkeiten für Bürger*innen und Kommunen sein. So wären zum Beispiel Strompreisvergünstigungen, Anteilskäufe oder ein jährliche Dividende für Anwohner*innen vorstellbar.“
- „Unsere beiden Spitzenkandidaten nutzen zu Hause Strom aus Erneuerbarer Energie.“
CDU: Die Wasch-mich-aber-mach-mich-nicht-nass-Partei
- „Beim weiteren Ausbau sollen das Repowering und somit die Bestandsstandorte stärker in den Fokus rücken.“
- „Beim Ausbau der Photovoltaik wollen wir verstärkt auf die Solaranlagen und -speicher für private Immobilien setzten und diese wieder fördern.“
- „Wir wollen verbindliche höhenabhängige Abstandsregeln [Anm.: 10 H] zu Wohngebieten und den Verzicht auf Windräder im Wald.“
- „Wir wollen, dass Brandenburg auch nach dem Braunkohleausstieg eine Energieregion bleibt. Es geht dabei nicht nur um weiteren Ausbau erneuerbarer Energien, sondern vielmehr um eine intelligente Kopplung der verschiedenen Energiesektoren.“
- „Eine entscheidende Rolle spielt dabei die Wasserstofftechnologie. Wir werden uns deshalb bei der Bundesregierung dafür einsetzen, dass die bestehenden Abgaberegelungen für Power-to-X-Technologien schnellstmöglich überarbeitet und synthetische Energieträger von übermäßigen Steuern und Abgaben entlastet werden.“
- Brandenburgs Vorreiterrolle beim Ausbau erneuerbarer Energien muss auch in den Bereichen Sektorenkopplung und Speicher sichtbar werden. Wir werden unseren Fokus auf Power-to-X-Technologien setzen und verstärkt Innovationen für eine Wärmewende fördern, die eine CO2-freie Wärme- und Kälteversorgung ermöglichen.“
FDP: Wo der Glaube an den freien Markt das Energiekonzept ersetzt
- „Wir werden den Ausbau der erneuerbaren Energien weiter positiv begleiten und unterstützen.“
- Die erforderliche installierte Leistung wird sich in den Jahren nach 2030 stark am Kohleausstieg orientieren, weshalb konkrete Zahlen erst in den kommenden Jahren genannt werden können.
- Zum Thema Akzeptanz: „Im Bereich der Windkraft sind hierfür die verbindliche Festlegung der 10H-Regel - auch für das Repowering -, belastbare Schalluntersuchungen, die Einführung einer angemessenen Konzessionsabgabe zugunsten der Kommunen und eine 50+Beteiligungsregel für Bürgerwindgesellschaften wichtige Voraussetzungen.“
- Strukturbruch in der Lausitz: „Die erneuerbaren Energien werden hierbei eine wichtige Rolle spielen, da unsere Region über viele Experten im Energiesektor verfügt.“
- Weiterbetrieb: „Die Nachfrage wird für den Anstieg von grünem Strom sorgen. Die Politik muss sich aus diesem Bereich des Marktes zurückziehen und den Unternehmen rechtliche Rahmenbedingungen bieten, um mit Wettbewerb Anreize für Innovationen zu setzen.“
- „Die Energieversorgung im Land Brandenburg wird im Jahr 2035 unter unserer Regierungsverantwortung sicher, sozial- und umweltverträglich, aber auch wirtschaftlich sein.“
BVB / Freie Wähler: Klare Opposition gegen die Windenergie
- „Einen weiteren Ausbau der Windkraft lehnen wir […] ab.“
- „Gegen den Willen der Bürger oder gegen die Interessen des Natur- und Artenschutzes wird es mit uns keinen weiteren Ausbau der Windkraft geben“.
AFD: Sprachlos in Sachen Energiepolitik
- Die AfD hat keine Stellungnahme zu ihrer Energiepolitik abgegeben.